Immer wieder Hochwasser – Teil 1: Maininsel und Tiefkai
In den Monaten November bis Februar erreicht das steigende Mainwasser immer wieder die verschiedenen Bootshäuser des Vereins, sei es auf der westlichen Maininsel (1871-1914) oder am Sachsenhäuser Tiefkai (1914-1944). Schon am 21. Februar 1876 erlebt der Verein das zweithöchste Hochwasser. Bei maximalem Pegelstand von 6,20 m werden große Teile der Altstadt überschwemmt. Den Verein plagen danach – und nach erneuten Hochwasserschäden 1877 – Finanznöte: Die Auffüllarbeiten verursachen 7.000 Mark Schulden, die zunächst nicht einmal mit Aktienausgabe an die Mitglieder ausgeglichen werden können. Erst im Jahr 1882 ist die Schuld endlich getilgt, aber …
… genau in diesem Jahr kommt erneut Hochwasser, in Frankfurt das schlimmste seit Menschengedenken. Mit Pegelstand 6,33 m ist es auch für den Ruderverein das bis heute höchste seit seiner Gründung: Nach frühem Schneefall im Herbst steigt das Schmelzwasser rasant an und zerstört in der Nacht vom 25. auf den 26. November 1882 praktisch das gesamte Vereinsvermögen. Haus, Boote und Ruder werden mitgerissen und zerschellen an der Untermainbrücke. Stehen bleibt nur die sogenannte Halle, in welcher ein alter Vierer und wenige Riemen untergebracht sind. Der Verein steht nach achtzehn Jahren vor dem Nichts. Ohne Bootshaus und mit einem einzigen verbliebenen Boot braucht der Verein schon wieder Geld und verliert daher rasch Mitglieder. Die Zahlen sinken von 249 vor dem Hochwasser auf 97 im Jahr 1884 und nur noch 65 im Jahr 1893. Doch dann beginnt ein neuer Aufschwung, unter anderem auch weil die Segler auf der Insel heimisch werden.
Auch im Februar 1896 erreicht das Hochwasser beträchtliche Höhe und schwemmt die Seglerhütte des FRV an der westlichen Inselspitze weg. Und 1901 und 1909 richtet das Wasser erneut schwere Schäden am Bootshaus auf der Insel an. Vom Hochwasser 1909 gibt es sogar eine →Filmaufnahme, die auf diesem Youtube-Clip bei Minute 5:00 beginnt und bei Minute 6:00 auch die Maininsel mit dem überfluteten Bootshaus des FRV zeigt. Wegen des geplanten Neubaus der Alten Brücke wird schließlich 1914 das Bootshaus von der Maininsel auf das Sachsenhäuser Ufer westlich des Eisernen Stegs verlegt.
Die neue Lage schützt aber keineswegs vor der Naturgewalt der Fluten. Schon am 16. Januar 1920 wird das Bootshaus am Tiefkai von neuen Höchstständen erreicht, dem dritthöchsten in den 150 Jahren des Vereins-Bestehens. Auch 1922 und 1924 sorgt das Wasser für Schäden, ohne allerdings die rekordhohen Mitgliederzahlen zu senken, im Gegenteil: 1926 gehören dem FRV inklusive 150 Schülern insgesamt 915 Mitglieder an!
Die Zeitschrift Wassersport setzt 1925 das FRV-Bootshaus und die sportlichen Erfolg bei der Herbstregatta in Beziehung:
Und die Frankfurter Zeitung vom 6. Oktober 1925 berichtet über die „Akademische Feier des Frankfurter Ruder-Vereins“ am Sonntag, 4. Oktober, im Volksbildungsheim (heute Kino Metropolis). Laut der Zeitung äußert sich der Vereinsvorsitzende Karl Kunz u.a. so:
Bildquelle: FRV Archiv, privat
by Ulrich Meissner